Liebe Schola,

 

Es kommt oft vor, dass man erst wirklich merkt, wie viel einem etwas bedeutet, wenn es vorbei ist und man zu verstehen beginnt, wie groß das Loch ist, das das Fehlende hinterlassen hat. Beim Chor und mir war das nicht so. Ich habe nun seit 12 Jahren bei Frau Fischer gesungen und ab dem Alter, in dem man zu realisieren beginnt, dass selbst die ewige Schulzeit ein Ende nehmen wird, dem Alter, in dem man, wenn auch noch keine Pläne schmiedet, aber dennoch weiß, dass sich das Leben verändern, wegbewegen, weiterbewegen wird, war mir die Schwere dieses Abschieds bewusst (Das hat es NICHT leichter gemacht).

Der Chor war in meinem Leben immer da. Am Anfang im Reithaus mit wenigen Kindern, vielen bunten Tüchern, Bewegungen und Requisiten, in der Johanneskirche mit dem Orchester, unterwegs in Bergern und Dörnfeld mit Chortagebucheinträgen, Streit auf dem (Mädchen)zimmer, Tanzen, dem ehrfürchtigen Blick zu den Großen, dem tönenden Gewecktwerden, Vorlesern, den legendären bunten Abenden, Scrooge, Weihnachtsoratorium mit Engelssolo, ein Tag in Nürnberg, der erste Wettbewerb mit guter Laune dank der Improvisationen am Klavier (wurde Tradition).

Dann mit Kostüm im ewerk, Pollicino, und in der Weimarhalle das erste Hänsel&Gretel, viele weitere im Theater Weimar und Erfurt, Traumspiel, Turandot. Wartezeiten, Lernen im Ballettsaal, Durchsagen (Ruhe! Wir verstehen nichts!), Lauschen am Lautsprecher im Flur, Änderungen, lange Abende zwischen Lametta, Lebkuchen, Engelsflügeln, Spiegeln, Disharmonien, konzentriertem Schlagzählen und Lieblingsstellen, das Auswenigkennen der gesamten Oper, die beeindruckenden Konsonanten des Soufleurs, das Herr- Hoff- Signal,… (: ,der Kinderchor darf auch ruhig noch lauter singen.

Im Jugendchor veränderte sich einiges, die Sitzordung, die Stücke, die Leute, die Probendisziplin (zum Besseren ??…) Frau Fischer blieb. In 12 Jahren mit unzähligen Proben setzt sich so einiges im Kopf fest, was, denke ich, da so schnell nicht wieder rausgehen wird. Vordere Stuhlkante, Beine nebeneinander, pssst, strecken heißt NICHT reden, nach dem Gähnen schlucken, vor hohen Tönen durchsingen, Federbett, Volleyballer, Text und ENDSILBEN !

Dörnfeld wird zum zweiten zu Hause mit Seilbahn, Lachen, Tanzen, Proben, Proben , Proben, Früchte- und Pfefferminztee, Aller Augen, den Elchen im Abendkreis. Das Gewecktwerden ist Geschichte, nun heißt es selber wecken und Vorlesen, Juhu! Endlich 16 – keine Schlafenszeit mehr vor um 12 !, stattdessen Chorpatenkinder zum Kümmern und Kuscheln, amüsierte Blicke zu den Kleinen: ach, wie süß!

12 Jahre lang wurde mein Weihnachtsfest von Maria im Dornwald begleitet (und ebenso lang währte der Kampf gegen den Jesushund, der sich einfach nicht geschlagen geben will).

Ich habe so viele außerordentliche Konzerte mit so viel wunderschöner Literatur gesungen, dass ich nicht weiß, wo ich anfangen und aufhören soll, dies hier zu beschreiben. Aber es ist immer wieder das gleiche Gefühl, wenn es im Konzert mal so richtig gut läuft und einfach alles stimmt, Frau Fischer vorne plötzlich zu lächeln beginnt und alle merken, dass wir den Leuten im Publikum und uns selbst gerade ein ganz besonderes Erlebnis bescheren. Natürlich gibt es auch viele Sturzflüge, seltsame Tonimprovisationen, Gebrummel, Wegrennen, Aussetzer und andere Eskalationen, die Frau Fischer meist noch mit einem solala- Gesichtsausdruck zum Chor quittiert, um ihn für das nächste Stück weiter zu motivieren.

Aber die persönliche Beziehung, die ich zu manchen Stücken aufgebaut habe und das Gefühl, was entsteht, wenn ich die Harmonien einiger Lieder höre, ist einzigartig und ist DAS Chorgefühl.

Einen Großteil dessen, was ich über Musik und auch über das Leben weiß, habe ich im Chor gelernt und das ist allen meinen Freunden im Chor zu verdanken, die genau wissen, was ich meine, wenn sie das lesen, und natürlich Frau Fischer, der das alles hier zu verdanken ist. Ich danke Ihnen für das Aushalten, Durchhalten, Innehalten, Zusammenhalten, Unterhalten, Mithalten.

Ich denke, die letzte (erste) Tournee hat allen Beteiligten gezeigt, wie stark der Zusammenhalt dieses Chores ist, und so schwer der Abschied auch war und so groß das Loch auch ist, dass der fehlende Chor auch in mir hinterlässt, möchte ich allen wünschen, dass das nächste Chorjahr an diese Stimmung anknüpft und von euch weitergetragen wird. Genießt die Zeit , die ihr im Chor habt, die Proben, auch wenn`s mal nervt…., seit kreativ im Theater, gestaltet die Chorfahrten und feiert die Konzerte !

Wir sehen uns dann in einem Jahr, ich werde so schnell ich kann wieder da sein und freue mich schon jetzt auf die Zeit als Betreuerin (nächsthöhere Stufe ?!)

Liebe Grüße an jeden einzelnen,

Eure Wiebke

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