Archiv der Kategorie: Theater

Besuch der Bregenzer Festspiele

Alles auf eine Karte gesetzt, dann die Karten neu gemischt und zum Schluss alles wie ein Kartenhaus zerfallen. Der Besuch der Carmen auf der Seebühne in Bregenz beeindruckte zu allererst durch das aufwendige Bühnenbild. Zwei riesige Unterarme ragten aus dem See, welche riesige Spielkarten in die Luft schleuderten. Im weiteren Handlungsverlauf wurden diese Karten, je nach Bedarf, verschieden illuminiert: mal mit herkömmlichen Symbolen und Zahlen, mal verlaufen, farbig, verschwommen oder mit Live-Aufnahmen der SolistInnen. Eine brilliante Carmen, tolle Wiener Philharmoniker und gute weitere SolistInnen sorgten dafür, dass die Aufführung musikalisch (trotz Stereo-Übertragung) zu einem sehr besonderen Erlebnis wurde. Außergewöhnliche Spektakel wie Tanzeinlagen, Regenfälle, Feuerwerk oder Stunts fehlten nicht, ein auf dem See stattfindender Polizeieinsatz sorgte für die passende Umrahmung:) Der Kinderchoreinsatz wurde erfolgreich von mehreren ChorakademistInnen mitintoniert und obwohl der ganz große Zwischenablaus ausblieb und auf der Bühne bisweilen nicht wahnsinnig viel passierte, war es doch eine sehr gute (ausverkaufte) Aufführung, die einen besonderen Höhepunkt unserer bisherigen Tournee darstellte.

Mäh, Mäh

In GRIMM!, dem neuen wirklich sehenswerten Musical am Theater Erfurt durften wieder einmal Kinderchorkinder mitspielen. Diesmal als niedliche Geislein getarnt und nur durch ihre Größe auf der Bühne zu unterscheiden. Auch die Mutter Geis hat Probleme ihre vielen Kinder beisammenzuhalten, so fällt ihr gegen Ende des Stückes auf, das ein Geislein fehlt…
Wenn ihr wissen wollt warum, dann schaut euch GRIMM! an, es ist einfach grandios und die Geislein legen sich kräftig ins Zeug auch die Konsonanten zu knallen, damit ihr die Geschichte vom alten Hofhund richtig versteht und euch keine Märchen mehr erzählt werden.

Fotos: Cordula Fischer

Jodelmusik mochte ich schon immer Pariser Leben die Dritte

Auch diese Spielzeit steht die Operette Pariser Leben auf dem Spielplan des Theaters Erfurt. Das verschafft knapp 30 Sängerinnen und Sängern des Erfurter und Weimarer Jugendchores wieder die Chance, als ein bisschen zu fein herausgeputzte deutsche Handwerker verkleidet dabei zu sein bei den Verwechslungen, Verirrungen, Katastrophen und Jodeleinlagen, die das Leben und Lieben im Paris des späten 19. Jahrhunderts so mit sich bringt. Dazu dürfen wir das Geschehende (nach einer basisdemokratischen Abstimmung vegetarischen) Kartoffelsalat essend kommentieren, selbst ein wenig fantasieren und nicht zuletzt das Tanzbein schwingen.

Eine Handvoll musikalischer und szenischer Proben im Februar und März forderten sowohl das Körpergedächtnis jedes und jeder einzelnen als auch unser Kollektivgedächtnis maximal heraus, denn es galt,  uns an die in der Premierenspielzeit hart erarbeiteten Choreografien, Abläufe und musikalischen Feinheiten zu erinnern und diese an die nicht wenigen Neulinge weiterzugeben. In den drei Tagen vor der Wiederaufnahme wurde dann ganztägig und mit Solisten probiert.

Der Morgen der Wiederaufnahmepremiere begann für die meisten von uns in Weimar mit Rhythmusklatschen und Bruststimme beim zweiten Voces 8 – Workshoptag. Nach einem gemeinsamen Mittagessen noch in Weimar war der Nachmittag dem individuellen Energietanken und den Besorgungen für die spontan geplante Wiederaufnahmepremierenfeier verschrieben, bevor so langsam alle im Theater eintrafen zum Premierenkarten Ausgeben, Umziehen, Einsingen, Maske und weiter Einsingen. Um Punkt 19:30 Uhr ging dann die insgesamt elfte Pariser Leben Vorstellung los, die auch dank des großartigen, dankbaren Publikums eine der besten bisher werden sollte.
Nach viel Applaus und dem obligatorischen Gruppenfoto endete der Abend gemütlich und gut gelaunt mit Buffett und Uno im Chorsaal.

Auf Wiedersehen, Tosca Ein Abschied in Bildern

Vier Wochen haben wir jetzt fast jeden Tag auf dem Domplatz verbracht. Wir haben gelacht, getanzt, gesungen, gegessen, Karten gespielt, Mathe, Sozialkunde, Latein-, Russisch-, Japanisch-, Georgisch- und Französischvokabeln gelernt und vor allem auf und neben den Domstufen geprobt und uns schließlich eine Vorstellung nach der anderen in Knaben und später in tote Bischöfe verwandelt.

Gestern sollte diese Zeit nun ein Ende finden. Die Vorbereitung auf die letzte von 15 Vorstellungen begann wie immer: Einsingen, Maske, Soundcheck (der so brilliant wie vorher noch nie verlief) und anschließend Warten auf die bekannten Akkorde aus dem Orchesterzelt, die den Beginn der Vorstellung markieren sollten. Warum diese jedoch gestern knapp 45 Minuten später als üblich erklangen und wie wir unseren für lange Zeit letzten Abend auf dem Domplatz ausklingen ließen, das zeigen die folgenden Bilder.

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Der Himmel hatte sich schön gemacht zur letzten Vorstellung.
Vor Vorstellung und Unwetter: drei Sängerinnen des Tosca-Ehemaligenchors und ein Gastsänger sind wie immer hochmotiviert.
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Im Kindercontainer freuen sich „die Großen“ über Blitze, die den Himmel lila färben und besonders über ihre Unterstellmöglichkeit.
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Aus dem Trockenen lässt sich das Spektakel nämlich besonders gut beobachten und wie vom Dokuteam gelernt medial festhalten.
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Das Unwetter ist vorbei, und unser Auftritt auch…
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…zum Glück hat das San Remo extra auf uns gewartet und alle bekommen ihr wohverdientes und lange erwartetes Abschiedseis.
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Während im Hintergrund Tosca, Scarpia und Cavaradossi noch um ihr Leben singen, ist für uns die Zeit bei den Domstufen erstmal vorbei. Aber eigentlich ist nach der Vorstellung auch immer vor der Vorstellung und die nächste Oper kommt bestimmt!

​Lang, lang ist’s her

Sie haben bestimmt alle schon Kinder in schwarzen Perücken, Totenkopfmasken und blutverschmierten Gewändern auf dem Domplatz gesehen oder zumindest von ihnen gehört. Das sind wir nicht. Der Großteil des Kinderchores verwandelt sich zwar fast jeden Abend bei den Domstufenfestspielen in solche Gestalten, aber ein ganz wichtiger Teil des Chores muss sich nicht umziehen und schminken. Aber ‚Teil des Chores‘ ist vielleicht eine fragwürdige Bezeichnung, denn wir sind die Ehemaligen. Obwohl man uns nicht auf der Bühne sieht, leisten wir wichtige Arbeit indem wir die Sänger durch Mikros hinter den Kulissen musikalisch unterstützen.

Da der Nachschub an singenden Kindern für die Pläne des Theaters nicht ausreichte, schlug Frau Fischer, eher ironisch, vor, ehemalige Sänger zu fragen. Wie man sehen kann, übersah das Theater diese Ironie und ewig währende Loyalität zum PKJC führte dazu, dass unsere kleine Gruppe mal wieder Opernluft schnuppern durfte. Ich glaube, man kann getrost behaupten, dass jeder einzelne von uns diese Lösung begrüßt, denn jeder Abend versetzt uns zurück in die guten alten Hänsel-und-Gretel-Zeiten. Denn wir sitzen zusammen und unterhalten uns über Chorerlebnisse oder wir spielen Karten und genießen das Theatergefühl, was zum Teil auch die Sehnsucht, mal wieder schwarz angemalt zu werden beinhaltet.
Doch da wir keine Kostüme tragen, genießen wir auch die Freiheiten eines über 18 Jährigen, wie die Fähigkeit die Theatergrenzen manchmal zu verlassen und weit weg vom Blick der Chorleiterin gemeinsam ein Eis zu genießen. Natürlich bringen wir immer noch Bestleistungen, wenn wir uns stimmlich in Messdiener verwandeln und mit Opernchorsängerinnen und dem Extrachor musizieren. Alles in allem freuen wir uns, mal wieder zurückzukehren und zu sehen, dass sich die Dinge gar nicht so sehr verändert haben.

Wer bist du? oder wie aus ordentlichen Chorknaben blutige Totenkopfbischöfe werden

Wer schon immer einmal wissen wollte, wie er mit dunklen Haaren aussieht ohne sich die Haare zu färben, hätte bei Tosca mitmachen sollen, aber dumm gelaufen, Chance verpasst. Für die BO4, die erste Probe mit Kostüm, verwandelten wir uns in Chorknaben, die in der Kirche herumrennen und den Messner bestürmen, ganz lebendig. Merkwürdigerweise gab es statt 30 Kostümen nur 29, vielleicht hatte ja ein blutiger Bischof die Hand im Spiel. Aber wir sind ja flexibel und bis zur Premiere klappt es bestimmt. Später, beim großen „Te deum“, bekommen wir Mitras, lange rote Mäntel und blutverschmierte Gewänder übergeworfen, dazu kommen schwarze Gesichter und Totenkopfmasken. Nachdem man dann das richtige Kostüm ergattert hat erkennt man sich nur noch an der Stimmfarbe und verzweifelte Stimmen werden laut, die nach ihren gewohnten Weggefährten rufen. Man tritt sich in der engen Kavate gegenseitig auf die Füße und vergisst beim Tür durchqueren, dass man mindestens zwei Köpfe größer ist und eventuell seine Mitra verlieren könnte. Mit oder ohne Mitra, den gesuchten Weggefährten und die richtige Gruppe geht es dann  die Stufen herunter, unlebendig und wie Aliens. Kein Wunder, dass man bei der ganzen Aufregung und eingeschränktem Seevermögen nicht gleich beim ersten Mal den richtigen Platz erwischt.  Verwandlungspodcast folgt…

Floria Tosca – die ersten Eindrücke

„Das ist nämlich die wahre Kunst – auch noch klar zu singen, während man sich prügelt“

Dieses Jahr hat der PKJC mal wieder die Chance, bei den Domstufenfestspielen in Erfurt mitzuwirken. Nachdem die musikalischen Proben für Giacomo Puccinis „Tosca“ bereits geschafft sind, konnten wir diese Woche bei Kostümanprobe in der Schneiderei und szenischer Probe auf der Probebühne erste Eindrücke von der Inszenierung und besonders von unserer Rolle sammeln. Wir alle spielen freche, aber elegant gekleidete Jungs, die zuerst den überforderten Meßner auslachen, um dann voller jugendlicher Energie in eine leidenschaftliche Chormappen-Prügelei überzugehen. Das macht natürlich großen Spaß,  egal ob Nachwuchs-, Kinder- oder Jugendchor, doch darf dabei selbstverständlich das Singen nicht vergessen werden. Aber sogar das klappt schon erstaunlich gut, so gut sogar, dass der beeindruckte Regisseur uns nach einigen Durchgängen der Szene eine halbe Stunde früher als geplant entließ.

Die Endprobenphase beginnt nach den Theaterferien Ende Juli. Dann wird sich auch herausstellen, wie das mit dem Singen/Prügeln open-air und auf Stufen funktioniert und was passiert, wenn aus den wilden Jungs in einer späteren Szene brave Messdiener werden. Bis dahin haben sich aber erstmal alle Sängerinnen und Sänger ihre Sommerferien wohl verdiendt.

Die Wahrheit übers Teleskop Die schola und das Leben des Galilei

Steht die Erde still? Oder die Sonne? Und wenn es tatsächlich die Erde ist, die sich bewegt, warum fallen die Menschen dann nicht runter? Was sagt die Kirche dazu? Und wer ist es eigentlich, der sich anmaßt zu behaupten, der Mensch sei nicht Zentrum des Universums?

Die Antwort auf die letzte Frage ist einfach: der Herr heißt Galileo Galilei und es ist sein Leben, das erzählt werden soll. Der Schauspieler Thomas Thieme liest dazu das Theaterstück von Berthold Brecht, begleitet von Kontrabass, Mundharmonika, Flöte, Klarinette, Klavier und natürlich knapp 60 Sängerinnen und Sängern der schola cantorum. Wir stampfen, pfeifen, tuscheln, rufen und singen und sind dabei mal für und mal gegen Galilei und seine Entdeckungen, mal ausgelassen und fröhlich, und mal überrascht oder verurteilend und vorwurfsvoll. Damit das alles so klappt haben wir schon zwei szenische Proben hinter uns und schon morgen ist die Generalprobe. Danach sind am Donnterstag dem 9. und am Sonntag dem 12. Juni jeweils eine Vorstellung in der Redoute, bei denen das Ergebnis unserer Vorbereitungen bewundert werden kann.