Archiv der Kategorie: Chorakademie Erfurt

Das schweigende Klavier

Der heutige Tag begann ganz normal mit engelsgleichem Gesang des Weckteams, welcher etwas murrend kommentiert wurde, weil es angeblich zu früh gewesen wäre. Einige Sänger stellten sich sogar noch einen Wecker, um noch einmal ein paar Minuten Schlaf rauszuholen.

Tja, unser Chor hält nichts mehr aus.

Nach einem ausgiebigen Frühstück, in dem nach zwei Minuten die Nutella verdampfte, starteten wir mit einem noch nie da gewesenen, spektakulären Morgenkreis. Konzerte wurden besprochen, Belehrungen gehalten, Kichern versteckt, ein Tagesrückblick des gestrigen Tages und vieles mehr, was sie aber nie erfahren werden.

Eine Busfahrt war der nächste Punkt des Tagesplans und diese führte uns zu den Scheidegger Wasserfällen. Diese wurden von einem mystischen Wald umgeben, in dem zugleich ein kleiner Märchenwald versteckt war.

Mitten im Wald stand zwischen den Bäumen ein Klavier. Der Lack war schon abgeblättert, der Rost zerfraß die Klaviersaiten und das Holz zerfiel an vielen Ecken schon. Doch wenn man die Saiten per Hand erklingen ließ, da kam ein zarter aber schiefer klang, der langsam den Wald erklingen ließ.

Ein Albtraum für jeden Pianisten.

Am Ende des Ausfluges lief der eine Teil der Gruppe zur Kirche und der andere fuhr mit dem Bus.

Wir Wanderer wanderten über Felder, Dörfer und Wälder und erreichten unserer Ziel nach einer guten halben Stunde.

Als dann jeder schlussendlich angekommen war, bereiteten wir uns auf unser Konzert vor. Musik erklang, Hochdeutsch und andere Fremdsprachen durchfluteten die Kirche und wir mitten drin.

Auf dem Wasser zu singen

Bregenz. Seit ein paar Stunden schon ziehen sich die Wolken langsam, aber stetig, über der Seebühne zusammen. Man merkt an vorbeiziehenden Passanten deutlich, dass sich die Spannung bald entladen muss. Doch wie an jedem dieser Tage, in der sommerlichen Festspielstadt, tut sie das ohnehin jeden Abend, Punkt 21:15 Uhr. Das Publikum bis an die Nerven gespannt. Schließlich verbindet jeder Einzelne ganz besondere Erinnerungen mit dieser phänomenalen Musik und fragt sich nun, das Regencape unterm Sitz verstauend, ob auch diese Produktion den Anforderungen gerecht werden kann.

Der erste Streichereinsatz, ein kräftiges c-Moll, gespielt von den Wiener
Symphonikern. Für MusikliebhaberInnen die entrückendste aller Tonarten. So far, so good. Als dann aber auch noch der gefeierte Tenor Lukasz Zaleski einsetzt, atmet die Chorakademie erleichtert auf. Das würde ein gelungener Abend werden. Da war es auch zu verzeihen, dass sie heute Abend kein Konzert würden singen dürfen.
In den nächsten Stunden durchleben unsere SängerInnen eine Vielfalt an
Emotionen. Alles ist dabei. Als dann in der Schlussszene das musikalische
Schluchzen der Madame Butterfly zu hören ist, können Jonathan und Georg nicht mehr an sich halten. Ein Beben geht durch die ZuhörerInnen, schwingt über das Wasser hinweg und verklingt in sachten Wellen im schwarzen See.

Nach der Vorstellung erwischen wir glücklicherweise Thalia, eine unserer engagiertesten ChorsängerInnen. Wir konnten sie zu einem kurzen Statement bewegen.

Wir: „Thalia, wie hat dir der Abend gefallen?“
Thalia: (Sprachlos.)
Wir: „Na gut, das sagt ja eigentlich schon alles.
Und wie ist deine Meinung zum Bühnenbild?“
Thalia: „Ähm… Ich finde es sah ein bisschen aus wie eine große
Lasagne.“
Wir: „Und wie hat dir denn die Musik gefallen, liebe Thalia?“
Thalia: „Nun ja… (Denkt kurz nach.) Wesentlich für das Werk ist ja der Gegensatz zwischen dem westlichen und dem fernöstlichen Lebensstil, den Puccini von Anfang an auch musikalisch ausdrückt. Die Oper beginnt mit einer Fuge, in der Puccini ein exotisches musikalisches Thema auf typisch westliche Weise verarbeitet. Und später erklingt sogar „The Star Spangled Banner“, ein Stück, dass die Vereinigten Staaten von Amerika ab 1931 ihre Nationalhymne nennen dürfen. Was viele nicht wissen: Bei der Urauführung am 17. Februar 1904, hatte die Melodie diesen Status noch nicht inne. (An dieser Stelle kichert Thalia vergnügt.) Puccini bemühte sich meines Wissens intensiv, eine glaubhafte „japanische Färbung“ zu erreichen. So erkannte ich mannigfaltige östliche Volksweisen und auch die japanischen Nationalhymne „Kimi Ga Yo“ glaube ich herausgehört zu haben. Besonders beeindruckt hat mich Puccinis Einsatz von ungewöhnlichen Klangfarben, die er mit Instrumenten wie Tamtam, japanischer Schellentrommeln oder Röhrenglocken erzielt. Ich meine sogar ein japanisches Klaviaturglockenspiel herausgehört zu haben. Da würde ich nach einmaligem Hören aber nicht meine Hand für ins Feuer legen. Auch verwendet er Pentatonische und Bass Ostinati, leere Quinten,
Ganztonfolgen und übermäßige Dreiklänge, sodass der Klang eine gewisse Prise Exotik erhält. Darauf muss man erst mal kommen.
(Thalia blickt verzaubert in die Ferne, fängt sich aber glücklicherweise schnell wieder.) Zu der Besetzung kann ich nur sagen: großes Kompliment an die Sopranistin Elena Guseva. Da habe ich auch schon Einige in der Titelpartie gehört, die für das Finale im dritten Akt etwas zu schwach auf der Brust waren.“

Soweit Thalias Einschätzung. Die beiden Autorinnen danken ihr herzlich und hoffen darauf in Zukunft noch Großes von ihr hören zu dürfen.

Ein ereignisreicher Tag neigt sich dem Ende entgegen. Im Bus summt der Chor in friedvollem Einvernehmen noch einmal den Summchor aus dem 2. Aufzug.

„Puccini bleibt einem einfach im Kopf kleben.“

Alexander v. E.

Der Tag und das Schiff

Nach einer ungewohnten und erschreckend ruhigen Fahrt kommen wir in Lindau an. Im Anschluss durften wir in Gruppen die kleine Insel im Bodensee erforschen. Dieser kleine Fleck Zivilisation hatte viele unterschiedliche Facetten: Neubau, Altbau, kleine versteckte Fantasy-Läden und vieles mehr.

Nach einer langen, sonnigen und ungefähr dreistündigen Erkundung unter klarem Himmel, trafen wir uns am Ufer, gegenüber des Leuchtturmes, um anschließend vollzählig das Schiff Richtung Bregenz zu nehmen. Doch wann ist unser Chor jemals pünktlich losgegangen? Heute auf jeden Fall nicht.

Irgendwie schafften wir es dann doch noch pünktlich auf das Boot, das uns nach Bregenz bringen sollte. Das Wasser trieb unter dem Motor in jede Richtung, überschlug sich und kam als Welle wieder an die Oberfläche. Während die Wellen taten was sie wollten, schweifte der Blick zum Himmel und erblickte wie die Wolken aufbrachen und nur einzelne Sonnenstrahlen das Wasser trafen.

Muh-sikalische Leitern in den Himmel

oder Die herdenartige Versammlung zwischen Baumkronen

Laut einer Augenzeugin (beziehungsweise eher einer Ohrenzeugin) war das heutige Wecksingen zwar eher einschläfernd als ermunternd, dennoch erschienen alle mehr oder weniger pünktlich beim Frühstück.

Ohne anstehendes Konzert war der heutige Vormittag recht locker, da nur wenige Korrekturproben der einzelnen Chorgruppen anstanden. Besonders entspannt lebte es sich heute als Männerstimme, die im Konzert wohl bereits zufriedenstellend gesungen hatten. Doch auch für die anderen waren die Proben nicht zu fordernd und so gingen nach dem Mittag alle kraftvoll zum Bus.

Und Kraft konnten wir brauchen, denn die Fahrt ging nach Bad Waldsee, wo ein Hochseilgarten sehnsuchtsvoll unser Erscheinen erwartete. Die gesamte Muskulatur wurde stark gefordert und bald war man von blauen Flecken und Schrammen übersäht. Die ganz Mutigen ließen sich meterweit ins Leere fallen, nur um kurz vor dem Boden einem Aufprall knapp entkommen zu können, während einige noch kleine Stupser in die richtige Richtung – aus dem Nest- brauchten. Die vielfältigen Parcours boten Abenteuer für Kletterlustige eines jeden Levels.

Ein unvergesslicher Tag neigte sich dem Ende zu, als wir mit müden Knochen Leutkirch erreichten. Für diejenigen, für welche die Strapazen des Tages noch nicht genug waren, wurden noch fröhliche oder auch dystopische Tänze eingeschoben. Andere wiederum versuchten sich im Waldschach als rennende, Fahnen jagende Waldschrate oder kamen mit Stimmbildungs-Uno zur Ruhe.

Der Tagesabschluss verlief unruhig wie gewohnt, einige kamen aufgrund ihrer leidenschaftlichen Duschaktionen mit Verspätung, beinahe wie die Deutsche Bahn. Bei „Sakura“ hatte der Frauenchor gelernt auf den Luftzug aufzusteigen, aber das hat sich wohl nicht bis zu den Männerstimmen durchgesprochen. Vielleicht wäre doch noch eine Probe angebracht, schließlich schaffen es sogar die ganz Kleinen schon pünktlich auf den „Gospel Train“.

Gute Nacht, nun wird die Kammer zugemacht😊

Unser Besuch in der Pinakothek der Moderne

Nach dem Ausladen des Gepäcks, machte sich eine der Gruppen auf und lief zunächst durch den Großstadtdschungel Münchens zur nächsten U-Bahnstation. Endlich kam das Fahrzeug wie eine Raupe aus seinem Tunnel gekrochen. Die Sänger stiegen ein und wurden von der U-Bahn zwei Stationen weiter in der Innenstadt wieder ausgespuckt. Entlang einer Prachtstraße und einiger Gassen und Gässchen erreichten sie schließlich ihr Ziel: die Pinakothek der Moderne.

Das Gebäude beeindruckte mit seiner kantigen Beton-Glas-Optik und seiner Rotunde, dem großen, Licht durchfluteten Foyer mit einer großen, runden Scheibe, die sich zwischen den Wänden aufspannte. Nach dem sie ihr gelbes Eintritts-Armband erhalten hatten, zogen die Sänger von hier aus los und erkundeten das Museum. Die Ausstellungsstücke reichten von Autos, Motorrädern und Mobiliar aus verschiedenen Zeitepochen über Roboter die zeichnen konnten bis hin zu einer Ausstellung über die Architektur des Olympiastadions. Das Museum war so groß und weitläufig dass man sich darin verlaufen konnte, was auch geschah, und die Zeit war sehr knapp bemessen um sich alles anzusehen. Als auch der letzte Wunsch in Museumsshop erfüllt worden war, ging es zurück zum Treffpunkt an der Kirche. Alles in Allem war es interessant und entspannend die verschieden Exponate aus verschiedenen Zeitepochen zu bestaunen, so konnen wir ruhig und fokusiert das anschließende Konzert singen.

Botanischer Garten

Als kleine Gruppe von zehn Kindern und zwei Betreuern hatten wir uns entschieden, den Botanischen Garten zu besuchen. Auf diese Weise können wir nicht nur mit unseren Stücken die Welt bereisen, sondern auch die Pflanzenwelt der verschiedenen Kontinente erkunden.

Nach einer etwa 45-minütigen Fahrt mit U-Bahn und Tram quer durch München waren wir schließlich im Botanischen Garten angelangt und interessierten wir uns zuallererst für die vielseitigen Gewächshäuser. Angefangen bei Kakteen, dessen Blüten bis zum Glasdach reichten, liefen wir vorbei an Seerosenteichen, Aquarien, Palmen sowie Farnen jeglicher Größe. Dabei wanderten wir in kürzester Zeit durch verschiedenste Kontinente und Klimatypen: den feucht-warmen Tropen folgten trockene Savannen und Wüsten. Mittagessen gab es übrigens in Mexiko, wo wir unsere mitgenommen Burger verspeisten.

Aber nicht nur Pflanzen gab es zu sehen – wir sichteten auch einige Tiere. Neben der heimischen Schnecke im Tropenhaus, die sich ähnlich invasiv wie die Fledermaus in die Vogelhochzeit dort eingenistet hat, gab es Schildkröten und Fische aller Art und Größe zu bestaunen. Am Ausgang der Gewächshäuser trafen wir auf eine überaus motivierte Mitarbeiterin des Gartens, die uns reichlich Lagepläne in die Hand drückte. Im Austausch konnten wir ihr einige Konzertflyer mitgegeben. Der Konzertbesuch passte bei ihr leider ebenso wenig in die Terminplanung wie bei uns der von ihr vorgeschlagene Besuch des Museumsshops…

Nach dieser Begegnung gingen wir über den Schmuckgarten vorbei an der Orangerie zu einer größeren Wiese, auf der es sich ein Teil der Gruppe gemütlich machte. Die Übrigen liefen nach Belieben noch ein wenig weiter durch die zahlreichen kleinen Biotope: Wir umwanderten einen See, drangen durch ein Moor und überschauten die Alpen. Das alles natürlich in Kleinformat.

Nachdem sich unsere zwei Grüppchen wieder getroffen hatten, packten wir in Ruhe unsere Sachen und liefen in Richtung Ausgang. Zufrieden kamen wir wieder an der Kirche an. Alles in allem war unsere kleine Weltreise nicht nur interessant, sondern vor allem unterhaltsam und entspannend. Was kann man Schöneres vor einem langen Konzert unternehmen?