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CODA oder der krönende Abschluss

Geweckt von einem lieblichen finnischen Gesang schälten sich heute morgen alle aus ihren mitlerweile wohl vertrauten Betten. Beim Frühstück genossen wir noch ein letztes Mal den Luxus des großzügigen Frühstücksbuffets der Philippis. Dann hieß es Lunchpakete für den Tag schmieren – und dabei möglichst alle Reste verarbeiten – und ab ging’s zum Morgenkreis, den wir von gestern nachholten. Ebenfalls nachgeholt wurde das Verteilen der zuvor besorgten Glückskekse. Wer es nicht zuvor schon getan hatte, packte seine sieben Sachen, darauf folgten die hunderten Dinge des Chores. Beim Aufräumen der Zimmer im allgemeinen Kofferchaos erschallte Gesang wie ein Echo der fast vergangenen Tournee durch die Flure.

Doch es war noch nicht ganz vorbei… denn im Stephanus-Stift wurden wir für ein letztes Konzert erwartet. Das die Podeste bereits für uns aufgebaut waren, schien bei uns zu allgemeiner Heiterkeit beim Einsingen zu führen. Wir machten uns mit dem Klang des Raumes vertraut, wohlgeordnet in symetrischen Reihen, und sichtbar vom Dirigierpult – abgesehen von einem Tenor. Zudem waren einige Chorsänger wohl, laut Chorleitung, zu klein. Das Konzert war in vielerlei Hinsicht ein besonderes: Zunächst hatten wir es dieses Mal endlich geschafft auch unsere Köche zum Konzert zu locken, zudem war es wohl das erste Konzert unter einem Basketballkorb und mit einem so lebhaften, mitteilungsfreudigen Publikum…

Doch bald machte sich Aufbruchstimmung breit. Die Transportmittel von uns Singenden sowie sämtlichem Gepäck wechselten von S-Bahn, Auto oder Fahrstuhl zu Reisebus. Nun hieß es Abschied nehmen von Christopher, Rico und den Phillippis.
Berlin verabschiedete uns mit Schnee und Kälte. So fuhren wir durch die Nacht nach Hause, in großer Vorfreude auf kommende Chorprojekte.

Lotti

Das ist Lotti, unser wahrscheinlich, süßestes Chormitglied. Lotti begleitet uns auf all unsere Reisen, wie jetzt auch auf unsere Berlin-Tournee.

Wie kam Lotti nun aber zum Chor? Im Oktober begleitete die Tochter unseres stetigen Begleiters und Musikers Christopher Peyerl ihren Vater auf ein Kinderchorlager. Wie sicher jedes Kind hat auch sie ein Kuscheltier, was überall mit hin muss. Und so erweckte Cordula Fischer, unsere Chorleiterin, den Bären zum leben. Beim nächsten Chorlager war das kleine Tierchen nicht mit und Frau Fischer äußerte den Wunsch nach einem Chorlagertier. Als aufmerksame Chorsängerinnen erfüllten wir ihr also diesen Wunsch.

Ein hin und her: „Welches Tier soll es nur werden?“ Wir überlegten von Lama über Vogel bis Delfin. Auf Chorlagern ist unsere Dirigentin sehr viel auf Trapp, von daher war schnell klar, dass das Tier ein Faultier zum Entspannen sein sollte. Schnell noch Geburtstagswünsche gereimt und endlich hieß es, zwischen Proben, das neue Chormitglied vorstellen. Seither ist Lotti unentbärlich.

Fliegen wir Rosinen

Heute waren wir auf dem Flughafen Tempelhof. Ein riesiges Konstrukt voller Geschichte und verstecktem Brutalismus.
Mit einer Führung erkundeten wir die Tiefen und die Höhen das Flughafens, die kleinen, dunklen Luftschutzbunker, bis hin zu einer grandiosen Aussicht auf Berlin.

Räume so lebendig, dass man vermuten könnte das diese erst vor kurzen voller Leben waren. Spuren von einer längst vergangenen Zeit durchzogen die Wände und die Mauern. Lachen, wilde Diskussionen und manchmal vielleicht sogar Tränen vernahm dieser Ort und zog sie wie ein Schwamm in sich auf und trägt diese in die Ewigkeit weiter.

Und natürlich gab es an diesem Tag auch ein Konzert. Auf dem weg dorthin über das Tempelhofer Feld verloren wir leider die 48 und 49. Spandau erkundeten wir und ließen den Ort erklingen und zum Tanzen bewegen. Die Kirche voller Kontraste, gotische Säulen, eine expressionistische Krippe und minimalistische Fenster. Doch wahrlich sind wir keine Maschinen und genossen eine lange Pause und eine grandiose Tribüne, um unseren Geist zur Musik zu öffnen. Es war ein gelungenes Konzert voller Euphorie und Klang.

Zwischen bewegter Geschichte und endloser Weite – Das Tempelhofer Feld… und zwei Kinder

Schneeflocken tanzen durch die Luft. Dicke, nasse Schneeflocken, die auf der Kleidung und in den Haaren kleben bleiben. Und auf meiner roten Strickmütze. „Du siehst aus wie ein Fliegenpilz!“ lacht mein Bruder. Durch die Schneeflocken macht sich der Chor auf den Weg zur der leersten Fläche in der vollen Stadt Berlin. Dort, hinter den Häusern, auf der anderen Seite der Straße voller hupender Autos und quietschender S-Bahnen eröffnet sich eine stille Endlosigkeit. Eine riesige offene Ebene. Der Horizont strahlt in seiner winterlichen Kälte und lockt uns in die Freiheit der windigen Weiten.

Und mit einem Mal fühlt sich eine Gruppe von knapp 70 Personen in der Großstadt ganz und gar nicht mehr unproportional an. Auf so einer Fläche von 300 Hektar hätte jeder von uns knapp 5 Hektar zu Verfügung. Das wäre tatsächlich mal ein Szenario, in dem das Nicht-Hören der anderen Stimmen zu einem echten Problem anstatt zu einer Ausrede würde. Aber natürlich bleibt die Herde zusammen und startet keine akustischen Experimente. Brav folgen alle dem philippischen Schäfer, seine fleißigen Hütehunde rennen um die Herde und sammeln jedes abgelenkte Chorkind flink wieder ein. Doch der Schnee lockt. Schnell fliegt der erste weiße Ball und bald darauf der zweite. Durch die tobenden Kinder sehe ich, wie mein Bruder seine Hände in den pappigen Schnee taucht und eine wässrige Kugel formt. Er zielt auf mich und trifft mich – und zwar voll im Gesicht.

Der Schnee war nass und nicht besonders kalt. Ich spürte, wie er auf meiner Haut schmolz und am Hals hinunter tropfte. Ich sah meinen Bruder, einige Meter neben mir in der aufgeregt plappernden Menschenmenge. Sein Blick war merkwürdig, wie erstarrt in der Freude über seinen guten Treffer. Irgendetwas war komisch. Nicht nur sein Blick, auch seine Kleidung war anders. Er trug eine alte, ausgebeulte Hose mit Hosenträgern und ein graues Hemd. Als ob das nicht alles ungewöhnlich genug wäre, hatte er eine blaue Schiebermütze auf dem Kopf. Ich schaute an mir herunter und stellte mit Erstaunen fest, dass auch ich aussah wie aus einer anderen Zeit. Über einer weißen Bluse mit Rüschen an den Armen trug ich einen knielangen, geblümten Rock. Lange schauten wir uns an, wie verloren in der Zeit.

Landesbildstelle Berlin, CC BY-SA 3.0 http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/, via Wikimedia Commons (verändert, dieses Bild kann unter derselben Lizenz weiterverwendet werden)

Doch wir gingen wie immer voll mit der Mode. Denn wie uns auffiel, trugen alle Menschen um uns herum ähnliche Kleidung. Hosenträger, Röcke, Rüschen: alles ganz normal… Was war das eigentlich für ein Lärm? Über uns dröhnte es pausenlos ohrenbetäubend. Für den Bass war dieses Brummen zwar nicht ungewöhnlich, aber doch deutlich zu laut. Und fliegen konnte die trägste der Stimmgruppen mit Sicherheit nicht. Noch unwahrscheinlicher war, dass der Rest des Chores freudig jubelnd in die Höhe blickte.
Der Bass war es natürlich nicht, sondern Flugzeuge, die im Minutentakt landeten und wieder abhoben. Und auch die jubelnden Menschen gehörten eindeutig nicht zum Chor. Mit Stimmtechnik hatte das rein gar nichts mehr zu tun. Rufend und brüllend hießen sie die lärmenden Flugzeuge willkommen. Überall rannten hektisch Piloten umher, Helfende luden Pakete aus den Flugzeugen und das alles in einer atemberaubenden Geschwindigkeit. Kinder stritten sich um Tüten voll mit Süßigkeiten, die förmlich vom Himmel fielen. Die Größe des Tempelhofer Felds war unverändert, doch Ruhe und Leere verschwunden.


Verschwunden sind auch zwei Chorkinder. Nach einer heiteren Schneeballschlacht und einem üblichen Geschichtsvortrag über die bewegte Geschichte des Tempelhofer Felds sammeln die Hütehunde alle Schafe zum Zählen um den Schäfer. Die Eins wird laut und deutlich gerufen, alles scheint gut, doch die 48 und 49 fehlen. Alle suchen, doch keiner findet eine Spur der verschwundenen Schafe. Nur eine rote Strickmütze liegt irgendwo, durchnässt und vergessen in den weiten Endlosigkeiten des Tempelhofer Felds.

Erklärungsversuche erstrecken sich von einer Zeitreise bis zu der Legende, dass sich die betroffenen Chorkinder in Wirklichkeit in Erfurt aufhalten…

Chorbegegnung – zwei Welten treffen aufeinander

An der Havel hellem Strande regnet es nur immerfort… Mit dem Original dieses Liedes und dem Regenprasseln starteten wir in den heutigen Tag. Nach dem endlich wieder zu einer zu menschlichen Zeit eingenommenen Frühstück, hatten wir eine sehr durch Lüften und Durchzug geprägte kühle Probe. Ein kleines Chaos brach aus als der überpünktliche Clara Schumann Kinder- und Jugendchor sich der Probe anschloss (jetzt wurde es eng und warm) um die gemeinsamen Stücke fürs Konzert zu lernen. Dabei ist zu erwähnen dass der „Notausgang“ (also das, wohin man sich im Krisenfall wendet) offenbar im Singen des Soprans besteht. Noch wärmer wurde es, als wir den „Claras“ eine Einführung in unsere Chortänze gaben….

Nach dem gemeinsamen Essen ging es vor die Tür, wohl zum Abkühlen. Wir fuhren eine, auch für Berliner Verhältnisse lange, Strecke mit der U-Bahn zu unserem heutigen Konzertort, dem Kulturstall von Schloss Britz. Dort angekommen hatten wir nach dem sehr aufwendigen und kräftezehrenden Aufbau der Podeste eine leicht chaotische sehr kurze Ansingeprobe.

Bei dem Clara Schumann Kinder- und Jugendchor handelt es sich im einen reinen Oberstimmenchor, so wahr es wenig verwunderlich dass eine Sängerin verwundert „Da ist ja ein Mann!“ ausrief als sie hinter einer Tür unerwarteter Weise einen unserer – in dieser Situation bekleideten – Bässe erblickte….

Obwohl wir mit der Akustik des Kulturstalles zu kämpfen hatten und unser Tempo nicht immer ganz mit dem Dirigat übereinstimmte, war es ein sehr schönes Konzert. Ein besonderes Highlight waren die gemeinsam gesungenen Stücke mit den „Claras“. Zurück in der Gästeetage hieß es für uns Sachen ablegen, essen, Tagesabschluss und mit dem Mond in f wurde der erschöpfte Chor ( abgesehen yom Doku-Team und einigen anderen Nachtwandlern) in die wohlverdiente Nachtruhe entlassen.

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Nackte Damen stieren auf Herren

Besuch in der Alten Nationalgalerie ohne Winterdienst

Am dritten Tag des neuen Jahres hatten wir die seltene Qual der Wahl. Ich, und einige andere, trafen die Entscheidung uns mit etwas Kunst zu beglücken – die Alte Nationalgalerie sollte es werden. Hoffnung auf den Genuss verschiedener bekannter Kunstwerke, darunter solche von Caspar David Friedrich und Edvard Munch, hatte unser Interesse entfacht. Die Ankunft vor der Nationalgalerie war jedoch mitnichten eine ausschließlich fröhliche. Mit Blick auf die kalten – keinesfalls eisigen – Temperaturen, hatten wir es gewagt die Stufen hinter den „Kein Winterdienst“-Schildern für ein Gruppenfoto zu erklimmen. Daraufhin äußerte eine nette Frau in klassischer Berliner Höflichkeit ihre Bedenken über unsere Sicherheit und ihre Versicherungswürdigkeit (Sie schien wohl eine Mitarbeiterin des Hauses und sehr auf Schilder fixiert zu sein).

In der Eingangshalle angekommen wurden wir auf gleiche Weise auf unsere Verfehlungen in Sachen „Buchung für Gruppen im Vorhinaus“ hingewiesen.

Doch als letzten Endes all diese Hürden überwunden waren, eröffnete sich uns eine tatsächlich wunderbare Ausstellung. Man muss dazu wissen, dass eben nicht nur die gezeigten Skulpturen, Gemälde und Skizzen die alte Nationalgalerie auszeichnen, sondern auch das Gebäude selber einen Blick Wert ist. Alles hatte den Charm einer prunkvollen Villa – mitsamt Eingangshalle, roten Teppichen auf großen Treppen und kunstvollen Verzierung auf hohen Säulen aus Marmor. Das einzige Störelement in diesen Hallen der Kunst bildete der fiepende Alarm, welcher ertönte, sobald man sich einem Kunstwerk zu sehr nährte (was unabwendbar alle paar Minuten geschah).

Die Exponate der Alten Nationalgalerie in ihrer Gänze zu beschreiben, würde den Rahmen dieser kurzen Erzählung sprengen. Einige Worte müssen genügen:

Nackte Damen, Herren, Stiere,

Zierten ihren Platz im Raum.

An den Wänden sah man Tiere,

Weite Landschaft wie im Traum.

Reiche, Arme, Junge, Alte

Fanden Leben in den Farben.

Eine Frau die erstmals malte

Ein Mann beim Felsen fest Umarmen 

Autor: Oskar

Sicherheit geht vor- sogar vor Herrn Philippi

Heute morgen hieß es früh aufstehen. Schon um 6:30 Uhr wurden die Teilnehmenden geweckt. Gerade aufgewacht ging es direkt zum Frühstück, damit wir es pünktlich um 10 zum Bundestag schafften. Es folgte eine Sicherheitskontrolle, streng wie an einem Flughafen. Glasflaschen, versehentlich mitgenommene Messer und sogar eine Musikbox wurde vom Sicherheitsdienst einbehalten.

Nachdem sich leider herausstellte, dass vier Personen zu wenig auf der Besucherliste standen und auch keine Chance bestand sie mit einzuschleusen, ging es für uns zuerst in den Plenarbereich des deutschen Bundestages im historischen Reichstagsgebäude, wo uns ein sehr charmanter und kompetenter Politikwissenschaftler einiges über das Gebäude und dessen Inhalt erzählte und unseren Fragen Rede und Antwort stand. In einer Pause zwischen den parallel stattfindenden Führungen konnten wir sogar noch die Akustik des Saals testen.

Nun folgte ein weiterer Vortrag, der leider wegen der Winterpause des Bundestags nicht von der Abgeordneten Antje Tillmann sondern von ihrem Mitarbeiter gehalten wurde. Nicht jeder konnte in den gesamten 2,5 Stunden immer aufmerksam zuhören und kämpfte mit der Erschöpfung der letzten Tage.

Dies änderte sich jedoch bald, denn es ging hinauf in die Kuppel. Schnell eine Runde die Spirale rauf und wieder runter und schon mussten wir, durch den Fahrstuhl dreigeteilt, aus dem Sicherheitsbereich raus, das Gebäude wechseln und das Prozedere begann von vorn. Die Taschen leeren, alles was nicht am Körper verbleibt durchleuchten lassen, Glasflaschen, Taschenmesser und Musikbox wieder abgeben und selbst durch den Metalldetektor gehen. Endlich konnten wir in Ruhe unsere leeren Mägen füllen. Dann hieß es erneut Gruppenteilung, denn nun begann wie auf jeder Tournee unsere Museumstour. Nun ein paar Berichte aus den kleinen Gruppen:

Im Jüdischen Museum wurde die Geschichte des Judentums mit allen Sinnen erlebbar. Der schon von außen sehr beeindruckende Bau führte die Chorsänger/innen zunächst zu den drei Lebens „-Achsen“ der Juden während der Zeit des Nationalsozialismus: Holocaust, Exil und Kontinuität. Letztere war keine Sackgasse und führte die Besuchenden eine hohe Treppe hinauf in die Geschichte des Judentums. Die moderne anschauliche Ausstellung bot ebenso Einblicke in jüdische Musik, Kunst, das heutige Judentum und einen einfachen Test ob man der Messias sein könnte. – Annalena

Für einen kleinen Teil unserer Gruppe stand, der Besuch im Deutschen Technikmuseum Berlin an.
Viele verschiedene Themen, vom ersten Computer bis hin zu Pharmazie, warteten dort auf uns, sodass wir uns nun noch mal, je nach Interessen, aufgeteilt haben. Zwei Stunden wanderten wir durch die verschiedenen Häuser bis wir um 17 Uhr an unserem Ausgangspunkt angekommen waren. Einige von uns nahmen sich vor noch ein mal im Museum vorbei zu schauen. – Ineke

Unsere Besuch im Museum Topographie des Terror hielt für uns sehr interessante und bewegende Informationen über Geschichte rund um das Thema des Nationalsozialismus bereit. Es gab uns Einblicke von der Machtergreifung Hitlers bis zur Nachkriegszeit. Der Audioguide präsentierte uns die wichtigsten Fakten die durch hervorragendes Bildmaterial unterstützt wurden. – Frida

Das Haus der Gesichter und der fremden Länder – Heute verschlug sich eine kleine Gruppe in die alte Nationalgalerie. Ein riesiges, verwinkeltes , altes Bauwerk voller Kunst. Während man sich zwischen Anselm Feuerbach und Manet verliert beobachten einen die verschiedesten Skulpturen, Psyche mit von Tränen geküssten Amor mit Schalk in den Augen und der Denker mit gesenkten Blicke. Ihre Gesichter erzählen eine alte, längst vergangene Geschichte voller Leidenschaft, Verlangen, Freude und Verzweiflung. – Charlotte

Eine weitere Gruppe unseres Chores führte der Weg ins Berliner Medizinhistorische Museum der Charité. Dort gab es einige Exponate rund um die Geschichte der Medizin, sowie ihrer Vorgängerin, der Anatomie, in sowie außerhalb Berlins.
Einige Exponate bestanden aus echten menschlichem Gewebe und waren daher nur mit Vorsicht zu betrachten. Doch interessant war es allemal. In einer Sonderausstellung ging es speziell um das Gehirn, und die menschliche Annäherung an dieses komplizierte System. Sie erfolgte künstlerisch, philosophisch sowie wissenschaftlich.
In der Dauerausstellung gab es einen sehr interessanten Ansatz: Die Charité wollte nicht nur einen Fokus auf die Forschenden, sondern auch auf die Erkrankten legen. Unter welchen Umständen wurden sie medizinisch versorgt und behandelt? Welche psychischen Auswirkungen hatte das auf sie? Es wurden einige Beispiele aus den letzten 600 Jahren Menschheitsgeschichte präsentiert. – Wigo

Zurück in der Gäste-Etage gab es nach einem guten Abendessen zum krönenden Abschluss des Tages noch einen spannenden Film über die Luftbrücke, die über 15 Monate (1948-1949) das abgeriegelte Westberlin mit allem Überlebensnotwendigen versorgte. So war der Film aus der Sicht des Publikums: „Die Liebesgeschichte war schon sehr vorhersehbar. Ich wusste schon ab der Hälfte, wie sie ausgeht.“ – Ineke, „Hätte man die Liebesgeschichte weggelassen, wär’s eine Doku.“ – Christoph

Zwischen Kommerz und Kunst

Guten Morgen Berlin! Am zweiten Tag des Jahres hat sich die Hauptstadt wieder von ihrer besten Seite gezeigt, um Menschen verschiedene Indoor-Aktivitäten schmackhaft zu machen. Es schüttete wie aus Eimern. Durch Pfützen laufend und mit der U-Bahn fahrend, gelangten wir zum Kurfürstendamm. Die alte Prachtstraße West-Berlins empfing uns nasskalt, aber immerhin leuchtete der Weihnachtsmarkt vom Breitscheidplatz zu uns hinüber und spendete Licht und Zuversicht in grauer Zeit. Nach ein paar Worten zur Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche standen wir plötzlich schon vor unserem Ziel. Dem Tempel des Konsums, dem Geldbeutel-Erleichterer der nächsten Stunden, dem KaDeWe, besser bekannt als Kaufhaus des Westens.

In kleinen Gruppen strömten wir aus, entdeckten innerhalb des Kaufhauses kleine Boutiquen mit wirklich teuren Dingen darin. Goldfarbene Kleider, die preislich dem von Goldbarren in nichts nachstanden oder mit Brillanten versehene wirklich kleine Handtaschen, die das Monatsgehalt eines Angestellten im mittleren Dienst kosteten. Es gab Unterwäsche, die gefühlt nur aus Schmuck bestand und festlich gedeckte Silvestertafeln, die samt Geschirr und Mobiliar verkauft wurden und an denen sich herrlich verweilen ließ.

Für einige war die Spielzeugabteilung das absolute Highlight. Zwischen Iron Man, Lord Voldemort, Harry Potter und Newt Scamander türmten sich Funko-Pops aller Art und viele waren sogar preislich gerade heruntergesetzt. Da hieß es nicht lange überlegen, sondern ins Regal greifen und auf zur Kasse!
Andere ließen es sich eher kulinarisch gut gehen und gaben ihr Taschengeld in der Food-Abteilung mit dem größten Feinkost-Angebot der Stadt zu extra feinen Preisen aus. Für alle war etwas dabei und seien es nur besonders skurrile Brillen zum Ausprobieren.

Um kurz nach 13 Uhr ging es gut abgezählt wieder in die Katakomben Berlins und mit der U-Bahn zurück zur Gäste-Etage, wo Felix und Paul schon mit extra viel Nudelsuppe und Salat auf uns warteten.

Gut gestärkt, trocken und teilweise wirklich edel eingekleidet ging es ein paar Minuten vor 16 Uhr wieder hinaus ins nasskalte Berlin. Die Deutsche Staatsoper unter den Linden wartete auf uns. Mit gemischten Gefühlen (Wie würde es da sein? WAS? Die Oper geht 4,5 Stunden!? Wir dürfen kein Essen mit in die Oper nehmen? Verstehen wir das überhaupt, wenn die nur singen?) betraten wir das prächtige, klassizistische, schlossartige Gebäude, einen wahren Tempel der schönen Künste in Berlin. Auf dem Programm und übergroß auf dem Vorhang stand der Titel der heutigen Oper zu lesen: „Der Rosenkavalier“, eine Komödie mit Musik von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal.

Es ging lustig los und schnell drunter und drüber im Schlafzimmer der Feldmarschallin, die nicht nur ihren Liebhaber vor nervigem Verwandtenbesuch verstecken musste, sondern auch allerhand Besuch von bittstellenden Leuten, Unterhaltungskünstlern und Modespezialistinnen bekam. Überall passierte etwas und lustigerweise fühlten sich auch ein paar Bühnenarbeiter von der Musik so angezogen, dass sie einfach auf die Bühne traten, um kurz dem Gesang zu lauschen. Auch wenn das natürlich mitinszeniert war.

Zwei Pausen und zwei Akte später haben sich alle Verwechslungen und Verwicklungen aufgelöst. Die Silberrose wure übergeben, bei der Zeremonie verliebten sich Brautwerber Octavian und die zukünftige Braut Sophie. Anschließend endete alles nach etwas Dramatik mehr oder weniger in Wohlgefallen. Die Alten traten etwas unfreiwillig zurück von Liebes- und Lebensglück damit die Jungen ihre eigenen Erfahrungen mit der Gefühlswelt machen können.

Einen kurzen Schreckmoment gab es vor dem dritten Akt, als jemand von der Abendspielleitung vor das Publikum trat und mitteilte, dass der Darsteller des Barons Ochs auf Lerchenau stimmlich angeschlangen war. Dennoch spielte Günther Groissböck seine Rolle bavourös zu Ende.

Am Dirigentenpult stand mit Joana Mallwitz übrigens eine alte Bekannte der Chorakademie Erfurt. Sie hatte schon viele Stücke am Theater Erfurt dirigiert und ließ auch die schwierige Partitur des „Rosenkavaliers“ beschwingt und traumhaft aus dem Orchestergraben erklingen.

Das Publikum spendete anschließend sehr viel Applaus und auch unsere Chorgemeinschaft war begeistert und gab eindeutige Daumen hoch für die Inszenierung.

Kommt singt und klingt, kommt pfeift und bombt – Chor gegen Böllerlärm


Sonne leuchte mir ins Herz hinein, Wind verweh‘ mir Sorgen und Beschwerden… Sonderlich sonnig war es heute nicht, auch der Wind blies nur mit winterlich moderater Kraft. Stattdessen tanzten zahlreiche glitzernde Sterne um uns herum. Um uns diesen besorgniserregenden Berliner Geschossen nicht übermäßig auszusetzen, verbrachten wir den Vormittag sicher verwahrt im Probenraum. Frau Fischer forderte uns mit musikpädagogischen Intervallübungen heraus, damit sich der Sopran im Konzert zumindest ein bisschen von fiependen Silvesterböllern unterscheiden ließe.

Kurz sollten wir noch den Zustand des Tanzbodens mit fliegenden Füßen begutachten, damit abends möglichst wenig verletzte Füße entstehen würden. Ein paar fleißige Hände schmückten den Saal glitzernd festlich und schon ging es auf in Richtung letztes Konzert des Jahres 2023.
Nach einigen Stationen S-Bahn fuhren wir mit der Straßenbahn in die Freiheit aka Stadtkirche Köpenick. In dem heiligen Gewölbe angekommen stellten wir fest, dass sich meterhohe Weihnachtsbäume trotz chronischem Tenormangel nur unzureichend als Unterstützung der letzten Reihe eignen. Wir entschieden uns stattdessen für die Orgel, die die Männerstimmen nach kurzem Umbau liebevoll in ihre Mitte nahmen.

Dank Gottesdienst wurden wir nach sehr experimenteller Stellprobe tatsächlich in die Freiheit entlassen- eine Stunde Auslauf für die Horde Singender. Viel frische Luft gab es allerdings für die wenigsten von uns. Der Regen und die nahende Dunkelheit drängten den Chor in die wenigen geöffneten Cafés und Restaurants der Stadt und ließen die Bedienungen unerwartete Jahresendzeitgeschäfte machen.

Auch wenn uns aufgrund unserer engelsgleichen Position nur etwa die Hälfte des Publikums tatsächlich sehen konnte, waren die Besuchenden recht angetan von den zwei „evangelischen“ Chören Skola Cantorum Weimar und Chorakademie Erfurt. Aber der lauteste Jubel kam von unseren zahlreichen Zuhörenden außerhalb der Kirche: Ständig pfiffen, jubelten sie, obwohl sie wohl noch weniger sehen konnten als die Lauschenden der unteren Reihen. Konnten sie überhaupt etwas hören? Streng genommen war der Lärm unserer Fans in ganz Berlin gar etwas unverschämt. Aber so sehr wie heute wurden wir noch nie angefeuert. Und so hat es uns doch die Herzen erwärmt. Schade nur, dass die Kirche wohl nicht nur zu klein für den Chor, sondern auch noch viel zu klein für unser begeistertes Publikum war…

Was sonst noch so passiert ist: Die zwei Hornochsen

In welcher Zukunft will ich leben?

Früh am morgen wurden wir vom Weckteam mit Schwanen-Singsang geweckt.
Nun hieß es: Frühstücken und Lunchpakete schmieren, denn dass Mittagessen sollte heute für uns unterwegs stattfinden.
In der Probeneinheit wurden die Stücke noch mal mit Fischer-Blick inspiziert bis wir alles für das anstehende Konzert vorbereitet hatten. So begaben wir uns endlich auf den Weg ins Futurium.

Auf dem Weg dort hin, ging es durch den großen, großen Hauptbahnhof Berlins und wie immer galt: „Folgt Stefan Philippi!“
Angekommen im Futurium durfte sich jeder selbst die Frage stellen: „Wie sieht meine Zukunft aus?“
Das interaktive Museum zeigte verschiedene Zukunftsvorstellungen und -ausblicke auf. So kann die eine gefüllt mit Umweltschutz sein und eine andere mit hoch technologischem Einfluss, oder auch beide kombiniert. Zwei angeregte Stunden zum Erleben, Entdecken und Diskutieren.

Ein Lunchpaket unterwegs und schon fuhren wir zu unserem heutigen, geheizten Konzertort. Es folgte die Stellprobe und anschließend ein liebevolles Festmahl im Gemeindehaus.
Die Erlöserkirche in Berlin-Lichtenberg war rappel voll und hatte einen wunderschönen Klang. Sogar einige bekannte Gesichter ließen sich in den Reihen erkennen. Und schon hieß es leider wieder zusammenpacken und zurück in die Gästeetage.

21 Uhr begann die Ausgabe der Berliner Spezialität: Döner!!!
Gut gestärkt beendeten wir unseren Tag mit einem Rückblick auf das gelungene Konzert und sangen unseren altbekannten Abend-Kanon.
Der Tag hat sich geneigt, also bis morgen.